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Synthese

Synthese (griech. synthesis, »Zusammensetzung«), in der Logik im Gegensatz zur Analyse das Verfahren, ein Zusammengesetztes, sei dies ein einzelner Begriff oder der gesamte Inhalt einer Wissenschaft, durch logische Verknüpfung seiner einfachen Elemente abzuleiten. Die Synthese hat vor der Analyse den Vorzug, dass sie das Zusammengesetzte nicht einfach als gegebene Tatsache annimmt, sondern es vor unserem geistigen Auge entstehen lässt und uns so seine innere Möglichkeit verständlich macht, dass sie ferner nicht wie jene am Einzelnen, zufällig Vorgefundenen haftet, sondern, indem sie eine gewisse Zahl von Elementen in alle überhaupt denkbaren Verbindungen untereinander bringt, uns erlaubt, die Gesamtheit der innerhalb eines gewissen Bereichs möglichen Besonderheiten und Einzelfälle zu überblicken. Da aber im allgemeinen das Logisch-Einfache nicht direkt gegeben, sondern erst durch Abstraktion gewonnen ist, so steht sie der Analyse insofern nach, als sie nicht wie diese von einem Konkreten, aus der Erfahrung Wohlbekannten, sondern von oft schwer fasslichen abstrakten Grundsätzen ausgeht. Wirklich fruchtbar ist die Synthese auch nur in den Wissenschaften, in denen (wie in der Mathematik) das Denken die ganze Mannigfaltigkeit seiner Gegenstände aus sich selbst heraus, durch Wiederholung und Kombination gewisser einfacher Operationen erzeugt. In den Realwissenschaften muss sich die Synthese immer auf die Resultate einer vorausgegangenen Analyse stützen und ist eigentlich nichts weiter als die Probe auf die Vollständigkeit der letzteren. Über synthetische Urteile s. Analytisch.

In der Chemie versteht man unter Synthese die Darstellung chemischer Verbindungen aus den Elementen oder aus einfacheren Verbindungen durch Einführen von Atomen oder Atomgruppen in deren Moleküle. Die Synthese feierte den ersten Triumph 1828, als Wöhler den Harnstoff auf den Elementen darstellte. Diese große Entdeckung blieb aber ganz vereinzelt, bis Berthelot auf die Wichtigkeit der Synthese für die organische Chemie hinwies. Seitdem wurden durch Synthese oder Aufbau sehr viele organische Verbindungen erhalten, auch wurden Methoden ausgearbeitet zur Synthese ganzer Körpergruppen, wie der Alkohole, Phenole, Aldehyde, Säuren, Basen etc. Unter Kernsynthesen versteht man die Reaktionen, durch Kohlenstoffatome, die vorher nicht miteinander verbunden waren, sich miteinander verbinden. Die Kernsynthesen verknüpfen die Glieder einer homologen Reihe und die homologen Reihen untereinander genetisch und führen die offenen Kohlenstoffketten in geschlossene Ketten oder Ringe über. Von besonderem Interesse erscheint die Synthese solcher Verbindungen, die im Organismus durch den Lebensprozess gebildet werden, weil die künstliche Darstellung dieser Substanzen lehrt, dass in den lebenden Organismen dieselben Gesetze walten wie außerhalb derselben. Auch für die Praxis haben die Erfolge der synthetischen Chemie hohe Bedeutung. Ameisensäure, Alizarin, Indigo, Senföl werden technisch durch Synthese dargestellt, auch hat man schon synthetisch gewonnenen Alkohol auf den Industrieausstellungen gezeigt, und da man von der Ameisensäure und Essigsäure leicht zu Stearin- und Palmitinsäure gelangen kann, da andererseits auch Glyzerin durch Synthese darzustellen ist, so ist die Möglichkeit der Gewinnung von Fett ohne Pflanzen und Tiere gegeben. Auch der Traubenzucker kann synthetisch dargestellt werden. Die wissenschaftliche Chemie wendet die Synthese hauptsächlich an, um über die Konstitution der Verbindungen Aufschluss zu erhalten. Vgl. Abbau und Struktur.

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909