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Bodenbearbeitung

Bodenbearbeitung

Bodenbearbeitung, Verbesserung des ungünstigen physikalischen und chemischen Zustandes, in den der Boden durch Benutzung zur Pflanzenkultur gelangt, um ihn für weiteren Anbau einer Kulturpflanze wieder in Stand zu setzen. Durch mechanische Lockerung wird der Boden der Luft und den Niederschlägen wieder zugänglich gemacht und damit das Aufschließen der Bodennährstoffe durch Verwitterung befördert sowie ein günstiger physikalischer Zustand herbeigeführt, so zwar, dass eine neue Saat sicherer die Verbindungen zum Keimen und Gedeihen findet, als wenn der Boden unbearbeitet geblieben wäre. Außerdem dient die Bodenbearbeitung dazu, die Bodenoberfläche in Beete, Kämme zu formen, den Dünger unterzubringen und das Land von Unkräutern und Ungeziefer zu reinigen. Sie wird mit Hand-, Spann-, Dampf- oder elektrischen Kulturgeräten ausgeführt, die den Boden lockern, wenden, mischen oder auch verdichten, formen und klären. Am vollkommensten, aber kostspieligsten erfolgt die Bodenbearbeitung mit dem Spaten, sie wird daher nur bei Kleinkulturen oder gartenmäßigem Betrieb angewendet. Leistungsfähiger erweisen sich Spanngeräte, die ihrerseits von den Dampfkulturgeräten übertroffen werden. Letztere können jedoch nur bei einer gewissen Größe der zu bearbeitenden Fläche in Anwendung kommen.

Mit Ausnahme der mehrjährigen Futterschläge wird jedes Feld jährlich mindestens einmal mit dem Pflug bearbeitet. Wie oft ein Feld gepflügt werden soll, hängt von dem Zustand ab, in dem es sich nach dem Abernten und je nach der Düngung und Kultur befindet, sowie von den Feuchtigkeitsverhältnissen, die von der Bodenbeschaffenheit und der jeweiligen Witterung beeinflusst werden. Praktische Erfahrung allein vermag den richtigen Feuchtigkeitszustand des Bodens zu erkennen, bei dem das Pflügen am leichtesten und wirkungsvollsten zur Ausführung gelangt. Besonders im Frühjahr und auf bindigem Ton- und Lehmboden muss man sich vor Feucht- und Trockenpflügen hüten, weil sonst der Boden Schollen bildet, die nur schwer zu zerkleinern sind. Über Winter soll der Boden in rauher Furche, d. h. nicht geeggt, liegen bleiben, weil dann der Frost am billigsten das Krümeln besorgt. Die gewöhnliche Furchentiefe beim Pflügen beträgt 15 bis 18 cm. Flach, auf 9 bis 15 cm Tiefe, wird gepflügt, wenn Stoppeln, Dünger, Saat und dergleichen in den Boden untergebracht werden sollen. Für tiefwurzelnde Pflanzen wird dagegen mit dem Pflug, Untergrundpflug, Pflugspaten (Verbindung von Pflügen und Handspaten) oder dem Wühler der Boden auf 20 bis 50 cm Tiefe bearbeitet. Durch solche Tiefkultur werden das der Pflanzenwurzel zur Verfügung stehende Bodenvolumen und die Menge der aufgeschlossenen Bodennährstoffe vermehrt sowie die Feuchtigkeitsverhältnisse günstig geregelt, so zwar, dass erfahrungsgemäß die Ernteerträge, besonders von tiefwurzelnden Zuckerrüben, Kartoffeln, Hopfen, Kleepflanzen etc., wesentlich erhöht werden. Bei unverständiger Anwendung der Tiefkultur, besonders bei unvermitteltem Heraufschaffen und Vermengen des »toten« rohen Untergrundes mit der Ackerkrume und Unterlassung der Verwendung größerer Stallmistmengen können jedoch anfänglich auch empfindliche Rückschläge in den Ernteerträgen eintreten. Lässt die Beschaffenheit des Untergrundes sein Heraufholen nicht zu, so muss man sich mit seiner Lockerung in der Tiefe mittels des Grubbers oder Wühlers begnügen. Am wirksamsten wird die Tiefkultur durch Dampfpflügen und Dampfgrubbern ausgeführt.

Das Pflügen kann als Ebenpflügen (Ebenbau), Beetpflügen (Beetbau) oder Kammformen (Kammbau) ausgeführt werden. Ebengepflügt wird am vollkommensten mit Dampfpflug und Gespannwechselpflug. Mit den Beetpflügen lässt sich annähernd ebenpflügen, wenn in mehr als 4 bis zu 30 cm breite Abteilungen, Gewende, gepflügt wird, oder wenn, in der Mitte oder an der Seite beginnend, Furche an Furche gelegt wird, wie bei dem Karree- oder Figurenpflügen. Beim Beetpflügen werden unter 4 m breite, 4 bis 8 Furchen schmale (Bifänge) oder 10 bis 20 Furchen breite Rücken, Beete (Ackerbeete) gebildet, indem das Pflügen auf den bisherigen Beetrücken (Zusammenpflügen) oder in der bisherigen Beetfurche (Auseinanderpflügen) begonnen wird. Am wenigsten verbreitet ist der Kammbau (Bilon, Billonkultur), bei dem der Boden mit dem Kammformer, mit dem Pflug oder Anhäufler in Kämme oder Dämme gelegt wird. Er eignet sich am besten für feuchte Ländereien und erfordert besondere Kammwalzen, Kammsäe- und Hackmaschinen. Eine besondere Art des Pflügens ist das Balken (Bälken, Halbpflügen, Riggen), bei dem zwischen je zwei Furchen ein Stück Land in der Breite der gepflügten Furchen stehen bleibt, um bei der Herbstfurche Zeit zu sparen.

Die regelmäßige Ackerbestellung umfasst die Wiederherstellung der Wachstumsbedingungen nach der Ernte und die Vorbereitung des Bodens für eine neue Saat: Herbst- und Frühjahrsbestellzeit. Die einjährige Vorbereitung geschieht durch die reine oder schwarze Brache (s. d.), die halbjährige durch die halbe oder Hegebrache. Im Herbst wird nach der Ernte das Feld (die Stoppel) mit dem Pflug (Schälpflug) geschält, um die Unkräuter zu zerstören. Man schält so seicht wie irgend möglich (3 bis 4 cm), am besten mit dem mehrscharigen Schälpflug, der die kleinen Furchen nicht wenden, sondern behufs besserer Abtrocknung und schnelleren Absterbens des Unkrauts tunlichst auf die hohe Kante stellen soll. Nach wenigen Tagen mit trockenen Winden folgt die Egge, um die Unkräuter bodenfrei zu machen; nach einigen weiteren trockenen Tagen wird die eigentliche Pflugfurche zur vollen Tiefe gegeben. Je nach der Frucht, die der Boden tragen soll, und der Art des Bodens ist diese Furche die letzte vor der Saat (Saatfurche), wie bei nachfolgender Winterhalmfrucht, während auf tiefgründigem und schwerem Boden, falls Mistdüngung gegeben werden soll, noch eine Saatfurche zu folgen hat, weil auf diesen Boden der Dünger nie zur vollen Tiefe untergebracht werden darf, in der seine Zersetzung verlangsamt oder verhindert werden würde. Besserem Boden, der durch Trockenheit im Frühjahr nicht zu leiden hat, und schwerem Boden pflegt man im Frühjahr die Saatfurche für Sommerfrüchte zu geben. In den meisten Fällen wird, besonders für Hackfrüchte, Lockerung des Bodens durch Grubber, Extirpator, statt einer Pflugfurche genügen. Abgesehen von der schnelleren Arbeit, wird hierdurch häufig bei vollkommener Vernichtung der keimenden Samenunkräuter ein bei weitem wünschenswerteres Saatbett hergestellt als durch den Pflug. Die eigentliche Furche bedarf längerer Zeit, sich »zu setzen«, d. h. in den Grad der Bindigkeit zurückzukommen, den die junge Pflanze verlangt, um »festen Fuß fassen« zu können. Ferner werden sich die Feuchtigkeitsverhältnisse des leichten Bodens durch eine Grubber-, Saatfurche im Frühjahr günstiger gestalten, weil die Kapillarität der unteren Bodenschichten in keiner Weise beeinflusst wird, und die flache gegrubberte Schicht sich leichter in diesen Zustand der wünschenswerten Kapillarität zurückbegibt und so im Stande ist, die von unten, selbst aus tiefen Bodenschichten heraufsteigende Feuchtigkeit der jungen Pflanze jederzeit zur Disposition zu stellen. Der Empiriker nennt dies »die Erhaltung der Winterfeuchtigkeit«. Dem Pflügen folgt das Eggen (s. Egge) und diesem bei leicht austrocknenden, sandigen Bodenarten erforderlichenfalls die Walze. Das Bestellen eines Ackers wird einfurchig, bzw. zweifurchig genannt, wenn er vor der Saat nur einmal, bzw. zweimal gepflügt wird. Zum Schluss des Ackerns werden nach dem Gefälle Wasserfurchen zum Ableiten des Wassers gezogen, damit das Wasser allerorts leicht vom Feld abgeführt wird. Reihensaaten werden behackt mit besonders dazu geeigneten Hand- und Spannwerkzeugen (Pferdehacken, s. d.) und behäufelt mit dem Häufelpflug, um die Erde an die Pflanzen dichter heranzubringen. Diese Arbeiten werden öfters wiederholt. Vgl. Blomeyer, Die mechanische Bearbeitung des Bodens (Leipz. 1879); Krafft, Ackerbaulehre (7. Aufl., Berl. 1899); v. Rosenberg-Lipinsky, Der praktische Ackerbau in Bezug auf rationelle Bodenkultur (7. Aufl., Bresl. 1890, 2 Bde.)

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909