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Birnbaum

Birnbaum

𝔅irnbaum (Pirophŏrum Med.), Gruppe der Pflanzengattung Pirus (s. d.). Unser sogenannter Wilder Birnbaum (P. Achras Gärtn.), der nicht selten in unseren Wäldern, besonders aber in Südeuropa vorkommt, stammt wahrscheinlich aus China und ist bei uns verwildert. Er hat dornige Kurztriebe, und seine kleinen holzigen und sauren Früchte (Holzbirnen) besitzen in der Umgebung des Kernhauses viele steinartige Konkremente. Von ihm stammen die meisten und zwar gerade die besseren Birnen ab, obwohl auch noch P. elaegnifolia Pall., vom kaukasischen Isthmus, aus Kleinasien und Armenien, und P. persica Pers., aus Syrien, Arabien und Persien, P. cordata Desv., in Frankreich (von der die Blutbirne Sanguine stammt), durch Kultur und mehr noch durch zufällige Kreuzung zur Vermehrung unserer Birnsorten beigetragen haben. Man zählt gegenwärtig über 700 in Gestalt und Güte verschiedene Birnsorten und unterscheidet nach Lucas Sommerbirnen, die ihre vollkommene Reife am Baum erlangen und vor Ende Oktober vollständig fleischreif sind; Herbstbirnen, die von Anfang September bis Mitte November zeitigen und meist einige Wochen lagern müssen; Winterbirnen, die gewöhnlich zwei Monate und länger lagern müssen und erst von Mitte November an, im Dezember, Januar etc. fleischreif werden.

Einteilung der Birnen nach Lucas

S = Sommerbirnen, H = Herbstbirnen, W = Winterbirnen. D zum DÜrren, Z zur Obstweinbereitung geeignete Sorten. * bedeutet Tafelobst, ☨ Wirtschaftsobst; Verdopplung der Zeichen gibt hÜheren, ein ! ganz besonderen Wert an. ° die vom Deutschen Pomologenverein 1893 empfohlenen Sorten.

1) Butterbirnen mit völlig schmelzendem Fleisch, von wahrer Birnenform und regelmäßigem Bau, meist länger als breit, selten gleich breit und lang, aber nie am Stiel stark abgeplattet: Pfirsichbirne S**, Amantis Butterbirne °S**☨, Madame Treyve° S**!, Leckerbissen von Angers H**!, weiße Herbstbutterbirne° H**!☨, Colomas Herbstbutterbirne° H**☨, Comperette° H**!☨, Herbstsilvester° H**!☨, Gellerts Butterbirne° H**!☨, Liegels Winterbutterbirne° W**!☨, Winterdechantsbirne° W**!☨, Diels Butterbirne° W**!☨ (Fig. 1), Dechantsbirne von Alençon W**!☨, die Arenberg W**!☨.

2) Halbbutterbirnen, den vorigen gleich, nur mit halb schmelzendem Fleisch: runde Mundnetzbirne°, Sommerbergamotte S**☨ (Fig. 2), grßne Sommer-Magdalene S**, Madame VertÊ W**!.

3) Bergamotten mit vÜllig schmelzendem Fleisch, platt oder rundlich, namentlich am Stiel abgeplattet: Madame Favre S**!, Esperens Herrenbirne S**☨☨, rote Dechantsbirne° H**!☨ (Fig. 3), Olivier de Serres° W**!, Zephirin Gregoire W**!☨.

4) Halbbergamotten, von der Form der vorigen, mit nur halb schmelzendem Fleisch: Juli-Dechantsbirne S** (Fig. 4).

5) Grßne Langbirnen mit schmelzendem und halb schmelzendem Fleisch, länglich und lang, grßn, nicht oder wenig berostet, auch bei vÜlliger Reife grßn oder grßnlichgelb: grßne Tafelbirne° S**☨, Sparbirne S**☨, punktierter Sommerdorn° H**☨☨, Pastorenbirne° H*☨☨ (Fig. 5), neue Poiteau° H**☨, Graf Canal W**!, Saint-Germain W**!☨.

6) Flaschenbirnen mit schmelzendem und halb schmelzendem Fleisch, länglich und lang, grßnlichgelb oder gelb, mit zimtfarbigem oder rotgrauem Rost: Marie Luise° H**!☨, von Mons Butterbirne H**!☨, Boscs Flaschenbirne° H**!☨ (Fig. 6), van Marums Flaschenbirne H*☨☨.

7) Apothekerbirnen mit schmelzendem oder halb schmelzendem Fleisch, von unregelmäßiger, beuliger oder höckeriger Form, von gleichem oder ungleichem Längen- und Breitendurchmesser: Clapps Liebling° S**!, Butterbirne von Ghelin H**!, Vereins-Dechantsbirne° H**☨, Napoleons Butterbirne° H**!☨, Hardenponts Leckerbissen H**!, Nikitaer Apothekerbirne H*☨☨, Grumbkower Butterbirne° H**☨, General Totleben H**☨, Fortunée W**!☨, Winter-Apothekerbirne W*☨☨, Hardenponts Winterbirne° W**!☨, Herzogin von Angoulème° W**! (Fig. 7).

8) Rousseletten, kleine oder mittelgroße Birnen mit schmelzendem oder halb schmelzendem, zimtartig würzigem Fleisch, länglich, ganz oder doch auf der Sonnenseite braunrot, meist mit Rost versehen: gute Graue° S**!☨☨ (Fig. 8), Forellenbirne° H**!☨.

9) Muskatellerbirnen, kleine und mittelgroße Sommer- oder frühe Herbstbirnen, meist länglich, mit Bisamgeschmack (Fig. 9).

10) Schmalzbirnen, mittelgroße und große, noch zu den Tafelbirnen zu zählende Früchte mit schmelzendem oder halb schmelzendem Fleisch, lang oder länglich und nicht in dern ersten neuen Klassen inbegriffen: römische Schmalzbirne° S**☨☨! (Fig. 10), van Marums Schmalzbirne H*☨☨, zimtfarbige Schmalzbirne *☨☨.

11) Gewürzbirnen, kleinere, längliche und rundliche Birnen von derselben inneren Beschaffenheit wie die Schmalzbirnen sowie von etwas größeren Früchten, nur die rundlichen und platten, nicht die länglichen, die vielmehr zu den Schmalzbirnen gehören: Sommereierbirne (Beste Birne, Woltmanns Eierbirne), Wintereierbirne (Jagdbirne, Fig. 11).

12) Längliche Kochbirnen mit hartem oder rübenartigem, nur selten halb schmelzendem Fleisch, nicht zum Rohgenuss geeignet, nicht herb, sondern fade oder fadsüß, mit größerem Längen- als Breitendurchmesser: Kamper Benus° W☨☨! (Fig. 12), Veldenzer Birne W☨☨!, Queenbirne W☨☨!, schöne Angevine W☨☨.

13) Rundliche Kochbirnen, von gleicher Größe wie die vorigen, beide Durchmesser gleich oder der der Höhe kleiner als der der Breite: Kuhfuß° S☨☨!, Schneiderbirne S☨☨D.

14) Längliche Weinbirnen, nicht zum Rohgenuss geeignet, mit brßchigem, rßbenartigem oder selbst halbschmelzendem Fleisch, entschieden herbem, adstringierendem Geschmack, länglich: späte Grßnbirne S*☨☨D (Fig. 14), Knausbirne S☨☨, gelbe Wadelbirne S☨☨!, Träubeles Birne H☨☨Z.

15) Rundliche Weinbirnen, von derselben inneren Beschaffenheit wie die vorigen, aber rundlich: Rummelter Birne H☨☨!Z, Champagner Bratbirne H☨☨!Z, welsche Bratbirne H☨☨Z, Pomeranzenbirne vom Zabergau H☨☨!Z, Wolfsbirne, Quittenbirne H☨☨!Z, Weilersche Mostbirne° H☨☨!Z, Wildling von Einsiedel° H☨☨!Z (Fig. 15), Betzelsbirne W☨☨!Z, großer Katzenkopf° W☨☨! (Fig. 13). Zu den letzten Familien gehören auch die zum Dörren (D) und zur Obstweinbereitung (Z) geeigneten Birnsorten.

Außer den genannten wurden vom Deutschen Pomologenverein in Breslau 1893 und in Kassel 1896 empfohlen: Andenken an den Kongress, Baronsbirne, Blumenbachs Butterbirne, Capiaumont Clairgeaus Butterbirne, Esperens Bergamotte, Esperine, Graue Herbstbutterbirne, Grüne Magdalene, Gute Luise von Avranches, Hannoversche Jakobsbirne, Hofratsbirne, Holländische Feigenbirne, Holzfarbige Butterbirne, Josephine von Macheln, Köstliche von Charneu, Philipp Goes, Regentin, Rote Bergamotte, Stuttgarter Geißhirtel, Williams Christbirne, Winter-Nelis.

Birnen sind im allgemeinen zuckerreicher als Äpfel und daher etwas nahrhafter, aber sie enthalten ca. 4 Prozent mehr unverdauliche Stoffe und werden deshalb bei schwacher Verdauung weniger gut vertragen, wirken auch leicht verstopfend. Die sogen. Steine in den Birnen haben ähnliche Zusammensetzung wie die Holzsubstanz. Birnen sind viel weniger haltbar als Äpfel; ein kühler, luftiger Raum sagt ihnen mehr zu als völliger Luftabschluss, bei dem sie leicht in Gärung übergehen. Man dörrt Birnen wie Äpfel, doch erfolgt die vollständige Austrocknung langsamer. In obstreichen Gegenden schichtet man Birnen in Fässern mit Dill oder Fenchel und wenig Anis, bedeckt sie mit denselben Gewürzen, legt einen mit Steinen beschwerten Deckel auf und gießt nun Wasser zu, bis es 2 bis 3 cm hoch über dem Deckel steht. Solche Sülzebirnen schmecken sehr gut und halten sich bis zum Frühjahr. Man verarbeitet Birnen auch zu Birnenkraut und Obstwein, in manchen Gegenden zu Essig. Das Holz des Birnbaumes, namentlich das des wilden, ist rötlich, sehr dicht, mäßig hart, sehr politurfähig und dient besonders zu Schnitzereien, musikalischen Instrumenten, Druckformen und Modellen, auch zur Nachahmung von Ebenholz. Das Holz von veredelten Stämmen ist in jeder Beziehung schlechter. Der Birnbaum verlangt tiefgründigen, lockeren, lehmigen, warmen Boden und in den feineren Sorten eine geschützte Lage und sorgfältige Behandlung. Man kultiviert ihn als Hochstamm durch Veredelung auf Wildlinge, viele aus Kernen gewöhnlicher Birnsorten. Feinere Sorten werden als Formenbäume erzogen und auf Quittenunterlage veredelt. Manche Sorten gedeihen nicht auf Quitte, und dann setzt man auf letztere zuerst eine kräftig wachsende Sorte und auf diese im nächsten Jahr die beabsichtigte. Die kleine Sommermuskateller, Leipziger Rettichbirne, römische Schmalzbirne, Flachsbirne, Salzburger, gute Graue, großen Katzenkopf, große Sommerzitronenbirne eignen sich zur Anpflanzung in freien Lagen, an Straßen, auf Feldern und Triften. Vgl. Obst und Obstbau.

Der Birnbaum wurde schon zu Homers Zeiten kultiviert (Garten des Antinoos); Cato kannte bereits fünf und Plinius zählte 35 Sorten auf, von denen viele den Namen ihrer Heimat führten, woraus erhellt, dass die Römer den größten Teil derselben aus Griechenland, Ägypten, Karthago, Syrien, Alexandria und Rumantia erhalten hatten. Die Herbstbergamotte soll Julius Cäsar in Britannien eingeführt haben. Valerius Cordus kannte in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts mehr als 50 in Mitteldeutschland kultivierte Sorten. Viele der wertvollsten Sorten verdankt man belgischen Obstzüchtern. Vgl. Baltet, Auswahl wertvoller Birnsorten (deutsch von Lucas, Reutlingen 1863); Lucas, die wertvollsten Tafelbirnen (2. Aufl., Stuttg. 1893).

Quelle: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1905–1909